SVG!!!
"mal ganz fern und mal ganz nah...
...und nicht immer geradeaus"

Auf Schusters Rappen unterwegs im Norden Brandenburgs

12.05.2000 - 14.05.2000

Mitten im Wonnemonat Mai, als ganz Deutschland bereits unter andauernder Hitze litt, fand sich eine Schar mutiger Wandersleute, um zu den „Eisheiligen" den „Kältepol" des Landes, nämlich die Uckermark zu durchstreifen. Am Freitagabend trafen wir uns in der Nähe der Stadt Templin auf dem Zeltplatz in Fährkrug, einem Naturcamp direkt am Fährsee, mit Steg und Badestelle vor unserer Nase.

Nachdem wir den Abend zuvor im „Fährmann" und die erste „eisige" Nacht im Zelt wohlbehalten überstanden hatten, war es ein pures Vergnügen, der morgendlichen Sonne entgegen ein paar Runden im See zu schwimmen. Gut erfrischt und mahlzeitlich gestärkt konnte die Wandertour beginnen. Von Fährkrug aus führte uns der Weg zunächst entlang des Gleusensees auf verschlungenen Uferpfaden. Obwohl es ein Sonnabend war, herrschte auf dem Gewässer nur mäßiger Bootsbetrieb, so dass uns Wanderern kaum störende Geräusche ans Ohr drangen. Bereits nach wenigen Kilometern aber zeigte sich, dass die eindringliche Warnung der Projektleiterin Annett Lippitsch, sich gegen hinterhältige Mückenschwärme entsprechend zu rüsten, berechtigt war. So kam es, dass nach kurzer Zeit sämtliche Waffen zur Vampirabwehr aufgefahren wurden: es wurde gesprüht, gecremt und wenn gar nichts mehr half - gemordet. Vielleicht unterstützten ja auch unsere Sangeskünste die erfolgreiche Vertreibung.

Nachdem ein gutes Stück Weges vorbei an verschlafenen Dörfern, ebensolchen Bewohnern, unberührten Alleen, weiter Feld- und Wiesenlandschaft und dunklen Waldwegen zurückgelegt war, erreichten wir zur späten Mittagszeit das unter Denkmalschutz stehende Angerdorf Gandenitz. Wunderschöne alte Giebelhäuser und eine ansprechend gestaltete Dorfmitte hinterließen einen angenehmen Eindruck. Da wir uns aber noch nicht zu einer Mittagsrast durchringen konnten, zogen wir wieder von dannen.

Die andauernde Hitze erzwang jedoch einen langsameren Schritt und längere Pausen. Unser nächstes Ziel, die mittelalterliche Lehmkirche Alt Placht, wurde dennoch am frühen Nachmittag von uns aufgesucht und bot einen willkommenen Anlass, im angenehm kühlen Innenraum auszuruhen. Ein Rundgang durch die Kirche sowie die Empore klärte uns über das Schicksal des „Kirchleins im Grünen" auf. Gebaut im 18. Jahrhundert als Dorfkirche, hatte die Kirche schwere Brände zu überstehen, wurde später wiedererrichtet, verfiel dann aber bis zum Jahr 1989 zusehends. Nur der Fall der Berliner Mauer, das Engagement einzelner Kirchenfreunde, ein rasch gegründeter Förderverein sowie ein großzügiger Spender bewahrten die Kirche vor dem endgültigen Untergang. Heute ist die Kirche Alt Placht, in Original-Lehmbauweise wieder aufgebaut, eine wahre Augenweide und bietet jedem Vorüberkommenden einen Moment der Ruhe und Besinnung.

Nun wurde es Zeit, unsere Kräfte mittels einer Mahlzeit zu stärken. Folglich suchten wir nach der kürzesten Variante, einen Gasthof anzusteuern und nach langer Wegstrecke und immer neu hoffen lassenden Hinweisschildern wurden wir am Zenssee fündig. Dank eines modernsten Nachrichtenempfängers, sprich Handy, gesellten sich noch zwei später Angekommene dazu. Da das eigentliche Fernziel Himmelpfort für den heutigen Tag zu weit erschien, begnügten wir uns mit dem Endpunkt Lychen, einem sehenswerten Städtchen der Uckermark, dem wir jedoch nur begrenzt Aufmerksamkeit schenken konnten. Die Zeit reichte noch für einen Becher Eis und der letzte Bus brachte uns zurück nach Templin. Die Dusche auf dem Zeltplatz Fährkrug versagte ihre Dienste (mangels unserer technischen Kenntnisse) und so musste wiederum ein Bad im Fährsee Ersatz leisten. Der Tag fand bei dem einen oder anderen Becher Wein und bei Kerzenschein seinen romantischen Ausgang.

Am Sonntag wollten wir uns aufgrund der „Strapazen" des Vortages nicht die Mühe einer großen Wanderung machen und so brachten uns die vierbeinigen fahrbaren Untersätze nach Himmelpfort. Nur kurz fiel die Besichtigung des ehemaligen Zisterzienserklosters aus, denn ein letzter Höhepunkt wartete nach 4 km Wanderung durch geschütztes Waldgebiet auf uns: die Naturschutzstation Woblitz, eine Auffang- und Pflegestation für Greifvögel und Eulen. Dank guter Verbindungen der Projektleiterin Annett Lippitsch zur Stationsleitung erhielten wir die Schlüssel zu den Volieren und konnten durch kleine Gucklöcher seltene Greifvögel wie Wanderfalken und Fischadler beobachten. Ein Rundgang über das Stationsgelände und am Ufer des Flüsschens Woblitz sowie des Großen Lychensees erschloss uns die schützenswerte Einmaligkeit dieser Wald- und Seenlandschaft. Trotz sanften Tourismus' darf der Mensch nur begleitend, weniger gestaltend in die Einheit der Natur eingreifen. Zurück in Himmelpfort und nach einer (Spät-)Mittagsmahlzeit trennten sich die Teilnehmer in Fährkrug.

Bleibt zu hoffen, dass es trotz Überschätzung der konditionellen Stärken der Teilnehmer seitens der Leiterin und teilweise chaotischer Planung allen Spaß gemacht hat und die Uckermark als liebenswerter, gern wiederzubesuchender Landstrich in Erinnerung bleibt.

Annett Lippitsch

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